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Praxis-Ratgeber Ladungssicherung

Ladung sichern, Unfälle vermeiden

Für die Ladungssicherung ist in erster Linie der Fahrzeugführer verantwortlich. Das gilt für Berufskraftfahrer wie Führer von Privatfahrzeugen gleichermaßen. Im hektischen Alltag professioneller Transporteure kommt der Ladungssicherung häufig nicht die angemessene Aufmerksamkeit zu. Zeitdruck führt zur Nachlässigkeit, die Menschenleben gefährdet oder Schäden an Fahrzeug und Frachtgut herbeiführen. Allein in der Schweiz entstehen pro Jahr Unfallkosten in Höhe von 10,4 Milliarden Franken. Auf den Straßenverkehr entfallen davon CHF 4,4 Milliarden. Als häufige Ursache vermutet der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) unzureichend gesicherte Ladung. In unseren Workshop Ladungssicherung, lernen die Teilnehmer Ladung richtig zu sichern und unnötige Kosten zu vermeiden. 

Risiken aufgrund falsch beladender Fahrzeuge

Transportfahrzeuge stellen im Straßenverkehr eine besondere Gefahr dar, wenn die mitgeführte Ladung unzureichend gesichert ist. Dabei spielt das Gewicht der Ladung eine untergeordnete Rolle: Wenn etwas von der Ladefläche herabfällt, ist nicht nur das eigene Wohlergehen gefährdet, sondern ebenfalls Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Eine optimale Verteilung der Last und eine den VDI-Richtlinien entsprechende Ladungssicherung verhüten solche Unfälle und kosten nur wenig Zeit. Um schnell zu erkennen, welche Maßnahmen erforderlich sind, ist es hilfreich, sich mit den physikalischen Kräften vertraut zu machen, die auf Ladung, Fahrzeug und Fahrer einwirken.

Physik: Kraft und ihre Wirkung

Das Gewicht der Ladung unterliegt den herrschenden physikalischen Gesetzen, die sich unter dem Eindruck der Bewegung vervielfältigen.

Schwerpunkt

Jeder Körper besitzt einen Schwerpunkt, auf den zunächst die Erdanziehungskraft einwirkt. Diese zieht mit gleichbleibender Kraft in Richtung Erdmittelpunkt. Neben der Antriebskraft des Motors bildet der Schwerpunkt die stärkste Kraft am Fahrzeug. Der Schwerpunkt eines gleichmäßig geformten Körpers liegt in dessen Mitte. Beim Transporter sind einzelne Fahrzeugteile unterschiedlich schwer. Der Schwerpunkt des unbeladenen Pritschenfahrzeugs liegt kurz hinter dem Motorblock. Durch die Beladung verschiebt er sich nach hinten. Da verschiedene physikalische Gesetze bei der Beförderung von Lasten auf den Schwerpunkt einwirken, spricht der Fachmann vom dynamischen Massenschwerpunkt.

  • In Kurven zieht der Schwerpunkt in seitliche Richtung. Je höher der Gewichtsschwerpunkt liegt, desto eher kippt das Fahrzeug um.
  • Bremsen und Beschleunigen bewegt den Schwerpunkt zusätzlich.

Trägheit

Körper unterliegen dem Trägheitsgesetz. Danach besitzen sie die Eigenschaft, ihren Bewegungszustand (Ruhe oder Bewegung) beizubehalten. Es kommt zu einer kurzen Verzögerung, wenn Beschleunigung oder Abbremsen auf den Körper einwirkt.

  • Beim Anfahren rutscht unzureichend gesicherte Ladung nach hinten und droht von der Ladefläche zu fallen.
  • Beim Bremsen bleibt sie zunächst in Bewegung und schiebt in Fahrtrichtung.

Fliehkraft

Die Fliehkraft treibt Körper auf ihrer Bahn nach außen. Sie ist das Ergebnis aus Beschleunigung und Schwerkraft und wirkt in Kurven.

  • Je höher das Tempo und je enger die Kurve, desto größer die Wirkung der Fliehkraft.
  • Ungesicherte Ladung verrutscht in seitliche Richtung und kann das Umkippen des Fahrzeugs bewirken.

Kinetische Energie

Die auch als Bewegungsenergie bekannte Kraft beschreibt die Schubkraft, die ein in Bewegung befindlicher Körper zur Entfaltung bringt. Diese steigt mit dem Tempo. Ein Körper entwickelt umso mehr Schub, je höher die Geschwindigkeit wird. Bei einer Verdopplung der Fahrtgeschwindigkeit entsteht viermal so viel Energie.

  • Ladung bewegt sich beim Aufprall mit einem Mehrfachen des Eigengewichts in Fahrtrichtung.

Schwanken und Schwingungen

Unebene Straßen führen zu Schwingungen. Ohne Ladungssicherung geht der Kontakt der Ladung zur Fahrzeugbrücke verloren. Die Ladung bewegt sich in der Folge ruckweise nach hinten. In Kurven kommt es zu Schwankungen, die Fahrzeug und Ladung aufnimmt.

Ladungsverteilung

Den physikalischen Kräften wirkt eine ausreichende Sicherung der Ladung entgegen. Trotzdem hat die Verteilung der Ladung so zu erfolgen, dass der Schwerpunkt des beladenen Transporters möglichst mittig zwischen den Achsen liegt. In der Praxis ist folgende Aufteilung sinnvoll:

  • Pritschenfahrzeuge: 75 % vorn, 25 % hinten
  • Anhänger mit 2 Achsen: je 50 % vorn und hinten

Der Lastenverteilungsplan des Lastwagens zeigt die optimale Verteilung an.

Schwere Lasten gehören nach unten, um den Schwerpunkt tief zu halten. Gleichzeitig ist eine einseitige Beladung zu vermeiden, weil sich das Fahrzeug sonst bevorzugt in diese Richtung neigt. Es droht, umzukippen. Die Ladung ist beidseitig gleichmäßig entlang der Längsachse zu verteilen.

Geeignetes Fahrzeug und Fahrzeugausweis

Im Fahrzeugausweis ist die erlaubte Nutz-/Sattellast eingetragen. Diese entspricht der Ladekapazität in Kilogramm. Die angegebene Nutz- oder Sattellast zu überschreiten, führt zur Verkehrsgefährdung oder Beschädigung des Fahrzeugs. In Ausnahmefällen ist ein höheres Gesamtgewicht zulässig, was allerdings eine Sondergenehmigung erfordert.

Für die professionelle Ladungssicherung ist das Fahrzeug mit Zurrpunkten ausgestattet. Diese Befestigungspunkte müssen dem Fahrer bekannt sein oder werden beim Autobauer erfragt. Beschädigte Zurrpunkte sind umgehend instand zu setzen. Hinweise zur Belastbarkeit finden sich in den Fahrzeugpapieren. Über die Zurrmittel wirken erhebliche Kräfte auf die Haltepunkte ein. Wird die Belastbarkeit einzelner Punkte überschritten, sind mehr Zurrpunkte und Zurrmittel in Gebrauch zu nehmen.

Seitenwände, Stirn- und Rückwand bieten nur unzureichenden Schutz. Die EN 12642 legt Belastungswerte fest. So soll die Belastbarkeit beim L-Aufbau unter Einhaltung des Formschlusses an der Stirnseite 50 % betragen, an der Rückwand 35 % und an den Seitenwänden jeweils 30 %.

Ladungssicherungsmittel

Für die unterschiedlichen Transportgüter sind sachgerechte Sicherungsmittel verfügbar. Kisten und Kartons lassen sich am besten mit einem Gurt sichern oder sind auf Paletten angeordnet und in Folie eingeschweißt. Loses Frachtgut wie Pflaster oder Kies ist mit einem Netz oder einer Plane abzudecken, damit auf der Fahrt nichts verloren geht. Anderes Stückgut wie Bretter oder Rohre ist zu Bündeln zusammenzufassen. Für rollende oder flüssige Ladung sind spezielle Sicherungssysteme empfehlenswert.

Methoden für die Ladungssicherung nach VDI

Die Ladungssicherung geschieht durch Zurrgurte in Kombination mit sachgerechter Verteilung der Fracht. Es gilt, Hohlräume zu vermeiden und die Ladung möglichst kompakt zu verstauen. Kommen auf dem Transport weitere Güter hinzu oder werden abgeladen, ist das Ladegut gegebenenfalls neu zu verteilen und zu sichern. Dabei kommen zwei Methoden zum Einsatz:

  • Kraftschlüssige Beladung: Die Ladungssicherung wird durch ein geeignetes Hilfsmittel wie Zurrgurte an den Befestigungspunkten gesichert. Die Sicherung drückt die Ladung nach unten, was zur Verstärkung der Reibung führt. Bei der kraftschlüssigen Beladung wirkt das Zurrmittel am besten, wenn der Winkel am Zurrpunkt 90 ° beträgt. Unter 30 ° ist die angestrebte Sicherheit nicht mehr zu gewährleisten.
  • Formschlüssige Beladung: Hier wird die Ladung so verteilt, dass zwischen einzelnen Gütern keine Hohlräume entstehen. Gegebenenfalls sind diese durch Füllmaterial zu schließen. Dabei liegt die Ladung formschlüssig an der Stirnwand des Transportfahrzeuges an und nutzt die Breite der Ladefläche optimal aus. Klötze oder ähnliches sichern gegen Verrutschen.

In der Praxis erfolgt eine optimale Sicherung häufig durch die Kombination beider Methoden.

Die VDI-Richtlinie für die Ladungssicherung gilt als allgemein anerkannt. Sie schreibt vor, dass Ladung so zu fixieren ist, dass sie mit jeweils 50 % ihrer Masse gegen das Verrutschen zu den Seiten und nach hinten gesichert ist. Nach vorn beträgt der Wert 80 %.

Zurrgurte und Ketten

Sowohl Ketten als auch Gurte kommen für die Ladungssicherung infrage. Während Ketten erst ab sehr großer Last zum Einsatz kommen, sind Gurte praktische Allrounder. Sie sind in unterschiedlichen Längen und mit variabler Zurrkraft erhältlich. Das am Gurt angebrachte Etikett gibt Auskunft über die maximale Belastbarkeit (Lashing capacity = LC). Dabei unterscheidet sich die Kraft des Gurtes je nachdem, ob er als Umspannung eingesetzt wird oder die Ladung in direkter Linie niederzwingt. Entscheidend ist jedoch die Vorspannkraft (STF), die bei Verkehrskontrollen herangezogen wird und ebenfalls auf dem Label angegeben ist.

Antirutschmatte

Antirutschmatten bremsen die Bewegung der ins Rutschen geratenden Ladung. Die Reibung variiert in Abhängigkeit von der Oberflächenbeschaffenheit. Je größer der Reibungswiderstand, desto schwieriger ist es, die Ladung über den Untergrund zu schieben. Mit einer Antirutschmatte macht sich der verantwortungsvolle Kraftfahrer diesen Umstand für die Ladungssicherung zunutze. Der Gleitreibbeiwert beschreibt den Grad der Mikroverzahnung einzelner Oberflächen. Er gibt Auskunft über die Kraft der Reibung zwischen Ladung und Ladefläche und wird in µ angegeben.

Gleitreibbeiwert verschiedener Oberflächen:

  • Metall auf Metall: 0,2 µ
  • Holz auf Metall: 0,2 µ
  • Holz auf Holz: 0,3 – 0,4 µ
  • Beton auf Holz: 0,5 µ
  • Antirutschmatte: 0,6 µ

Zu beachten ist dabei, dass Eis oder Öl und Schmierfett den Gleitreibbeiwert deutlich senkt. Allein die Antirutschmatte hält den Wert selbst unter widrigen Bedingungen. Je höher der Gleitreibbeiwert, desto niedriger ist die Belastung der Zurrmittel.

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